Donnerstag, 19. November 2015

Modell des Alltagshandelns: Die Werkstattmetapher

Dieser Beitrag bezieht sich direkt auf einen älteren Post von mir und meinem postulierten Modell des Alltagshandelns. Ich versuche das Modell in einer Metapher darzustellen, um es besser verständlich zu machen.

Die Werkstattmetapher.
Man stelle sich das LZG als Werkstatt vor in der jede Menge Werkzeuge gelagert sind. Diese Werkzeuge sind Prinzipien, Prozesse und Fähigkeiten, über die wir bescheid wissen (Heuristiken). Es existieren Anleitungen für alle Werkzeuge, die praxisnah, in bildhafter und anekdotenhafter Form zeigen, wie und wo man ein bestimmtes Werkezug anwenden kann(episodische Fakten). In der Mitte steht ein Tisch auf dem das Werkstück liegt, das man gerade bearbeitet. Die Arbeiter in der Werkstatt beobachten die Tätigkeit des tätigen Monteurs(Priming), dem Ich, und holen permanent Werkzeuge, damit er jederzeit das richtige Werkzeug zur Hand haben kann (aktivierte teile des LZG). Da der Monteur nur mit den Werkzeugen arbeiten kann, die er zur Hand bekommt, bestimmen die Arbeiter gewisserweise seine Handlungsfähigkeit. Er kann jedoch den Arbeitern auch Befehele erteilen, um an das Werkzeug zu kommen, dass er gerade benötigt. Dem Monteur stehen einige Beobachter zur Seite, die ihn auf Fehler hinweisen oder falls nötig auch selbst eingreifen, ihm das Kommando entreißen (Monitoring). Um neue Werkezuge zu entwicklen, vorhandene zu modifizieren oder die Anleitungen zu verändern stehen dem Monteur einige Ingenieure zu Verfügung, die meist selbständig arbeiten, jedoch auch vom Monteur dirkte Anweisungen erhalten können (implizites und explizites Lernen). Die Zusammenarbeit in dieser Werkstatt verläuft meistens flüssig und erfolgreich, sodass die Tätigkeit an den Werkstücken in der Regel keine Probleme verursacht.

Welche Aussagen werden in dieser Metapher nun also getroffen?

1. Das LZG ist nicht als träge Bilbiothek oder Festplatte zu verstehen, in der Informationen kleinlich genau archiviert werden. Es ist viel mehr eine Art Abenteuermuseum, in der zu jedem Artefakt lebendige Geschichten erzählt werden, die seinen Zweck und seinen Hintergrund illustrieren.

2. Das Ich ist ein Akteur, das in großem Maße von anderen Faktoren determiniert wird, weil ihm dies enorme Vorteile bringt. Es ist der Entscheider und das ausführende Organ, die Exekutive, kann Befehle erteilen, muss dies aber meistens nicht, da es sich auf die Akteure im Hintergrund verlassen kann. (In etwa wie ein führender Politiker, der zwar klar die Entscheidungsgewalt hat, jedoch trotzdem in großem Maß von der richtigen Arbeit seiner Mitarbeiter abhängt.)

3. Das Gehirn bereitet sich in jedem Moment auf mögliche Folgesituationen vor, in dem es bestimmte Hirnbereiche und damit Wissen voraktiviert, damit schnell darauf zugegriffen werden kann.

4. Es werden permanent neues Wissen angelegt, altes modifiziert und verändert. Stichworte: Akkumodation und Assimilation

5. Neben der bewussten Überwachung des Ichs existiert auch eine weitere implizite Kontrollinstanz, die uns kurzzeitig die explizite Kontrolle entreißt, sollte es nötig sein.

6. Man bearbeitet immer nur eine Aufgabe im Aufmerksamkeitsfokus.


Welche Fragen bleiben offen?

Welche Rolle spielen Emotionen? Diese kommen in dieser Metapher und dem Modell nicht vor, obwohl sie eine entscheidende Rolle spielen müssen.

Wenn nur eine Aufgabe bearbeitet wird, wie gehen wir mit komplexen und vielfachen Anforderungen im Alltag um bzw. wie wird entschieden, was in den Aufmerksamkeitsfokus kommt?

Sind wir immer tätig? Oder was passiert, wenn wir nicht tätig sind?

Und vermutlich einige weitere.


Insgesamt versuche ich mein Modell des Menschen zu verfeinern und dem Menschen gerechter werden zu lassen. Ich finde es ist die Aufgabe eines Psychologen nicht nur Fachwissen in vielen Einzelgebieten zu erzielen, sondern dieses Wissen auch zusammenzubringen, um dem Verständnis des Waldes bzw. der Psyche im Gesamten immer näher zu kommen. Zu tief in den Baum zu schauen führt dazu, dass der Blick auf das Wesentliche verloren geht.