Diesen Sommer stand das Pflichtpraktkum im Bachelorstudium an. Bedingt durch meine Forschungsinteresse habe ich mir hierfür ein Praktikum an der Universität ausgesucht. Zur Auswahl standen für mich die Fachbereiche Sozialpsychologie und Allgemeine Psychologie, die Sozialpsychologie aufgrund meiner Interesse an Gruppen und die Allgemeine Psychologie, weil sie die Grundlagen der Grundlagenfächer bereit hält. Die Entscheidung viel eher zufällig, da sich die Möglichkeit in der Allgemeinen Psychologie schneller bot.
Nun, wie war das nun mit dem Bewerbungsprozess? Letztendlich bin ich in die Sprechstunde meines Professors gegangen und habe ihn gefragt, ob man ein Praktikum machen kann. Er informierte sich bei seinen Kollegen, ich wurde noch einmal kurz im Plenum der Allgemeinen Psychologie befragt und schon hatte ich meinen Platz.
Ich unterstützte nun einen Dozenten bei seiner Forschung. Ihn selbst kannte ich bereits von einer Vertiefungsveranstaltung zur Kognitionspsychologie. Thema der Forschung war "Second Condition Order Learning": Hierbei tauchen auf dem Monitor Punkte an verschiedenen Positionen auf, mithilfe der letzten beiden Positionen lässt sich die nächste Position ermitteln. Was hier sehr trocken klingt, ist es in der Tat auch. Es dauerte auch eine Weile bis ich genau verstand, worum es eigentlich ging.
Anfangs beschäftigte ich mich mit Literaturrecherche. Allgemeinpsychologische Texte gehören zu den anspruchsvolleren Texten in der Psychologie. Schwierig wird es gerade bei einem Thema, dass man sich nicht wirklich gut vorstellen kann. Dass die Literatur auf Englisch war, machte es zugegeben nicht gerade angenehmer sich hier durchzuarbeiten. Die meiste Zeit war ich nur damit beschäftigt mich zu fragen, wovon zur Hölle diese Artikel genau handeln und wo sich die verschiedenen Artikel jetzt unterscheiden. Rückblickend lässt sich festhalten, dass ich erst nachdem ich die Studie geplant hatte verstand, worum es ging.
Der nächste Schritt, die Planung der Studie, war wesentlich angenehmer und bereitete mir auch viel Spaß. Zunächst musste ich mich in das Programm "E-Prime" einarbeiten. E-Prime ist ein Programm zur Erstellung von Experimenten auf dem PC. Man kann hierbei verschiedenes Stimulusmaterial(Bilder, Töne, Videos, etc.) einbauen und hunderte von Einstellungen vornehmen. Für sehr anspruchsvolle Experimente existiert zudem die Möglichkeit mithilfe von Programmiersprache(E-Basic) Modifikationen vorzunehmen.
Ich erstellte nun das Experiment und lernte, worauf es in der Programmierung an kam: Es geht nicht nur darum, dass alles flüssig läuft, sondern auch um die richtige Anordnung, darum die richtigen Variablen zu verwenden, man muss auf den Output achten, da man sonst letztendlich nicht die richtigen Daten bekommt, um die Studie so auszuwerten, wie man möchte.
Bei der Durchführung der Studie fungierte ich als Versuchsleiter. Menschen zuzusehen, wie sie vor dem PC sitzen und sehr anstrengende Tasks bearbeiten ist weniger unterhaltsam, wie man glaubt. Da wir jedoch mithilfe von IAPS eine bestimmte Stimmung induzierten, konnte man immerhin ein wenig Veränderung bei den jeweiligen Probanden von außen feststellen(angewiderte Gesichter, Verzweiflung, etc.). Die Durchführung verlief letztendlich ohne große Probleme. Probanden gab es genug, da mein Dozent die Studenten aus seinen LVs gewinnen konnte.
Dann kam die Auswertung: Die Studie umfasste 15 Blöcke mit jeweils 72 Trials, bei 72 Probanden sind das fast 78.000 Trials, die es zu auswerten gab. Zunächst musste der Datensatz aufbereitet werden, um ihn überhaupt verwenden zu können. Ich saß sehr lange Zeit vor SPSS und überlegte, wie ich bestimmte Variablen erstellen konnte und Ausreißer eliminieren. Mithilfe des Internets, meinen bis dato grundlegenden SPSS Kenntnissen und der Hilfe von einem Dozenten gelang es mir den Datensatz durchzuarbeiten.
Unsere Hypothese, dass die induzierte Stimmung einen Einfluss auf eine bestimmte Art von Fehlern hatte, ließ sich fürs erste nicht bestätigen. Aktuell wird die Hypothese mithilfe einer anderen Methode noch einmal geprüft - und bisher wurden auch nur schlecht gelaunte Probanden mit neutral gelaunten Probanden vergleichen, dass sich die Hypothese doch noch wenigstens teilweise bestätigen lässt, ist also noch möglich.
Nun: Was lässt sich festhalten zu meinem Praktikum? Ich habe sehr viele wichtige Erfahrungen gesammelt bezüglich was Wissenschaft bedeutet, wie man rangeht, was sich umsetzen lässt, etc. Bei der Auswertung merkte ich auch, dass ich bestimmte Dinge hätte besser antizipieren müssen, sodass die Auswertung leichter vonstatten geht. Ich habe festgestellt, dass auch ein fürs erste wenig spannend klingendes Thema in der Ausführung und Erforschung spannend werden kann.
Und das wichtigste: Das Praktikum hat mich in meinem Wunsch danach Forschung zu betreiben bestätigt. Es hat Spaß gemacht und wird auch noch eine Weile bestand meines Studiums bleiben.
Die Studie möchte mein Dozent bei einem Kongress einreichen, zu dem ich ihn begleiten kann, falls die Studie angenommen wird. Weiterhin wird mein Name im Artikel erscheinen, sodass ich meine erste Publikation erreicht habe. Meinem Dozenten kann ich nur Wertschätzung entgegebenbringen, da er ein freundlicher, kompetenter und wertschätzender Mensch ist.
Ich bin nun also Wissenschaftler. Es bleibt spannend, wie sich meine weiterer Weg gestalten wird.
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