Dienstag, 27. Dezember 2016

Jahresrückblick 2016 - Die Mitte des Masters und das beginnende Studiumsende

2016 war ein scheiß Jahr. Scheiß Anschläge. Scheiß Populisten. Siege von Nationalisten. Das elfte Jahr unter Angela Merkel. Unter diesem Hintergrund verlief das erste Jahr des Masters. Die Weltlage ist real, selbst im idyllischen Innsbruck, das umgeben von einem Kranz von Bergen vom Rest der Welt abgeschnitten scheint kann man sich dem nicht entziehen.

Blicken wir zurück aufs Studium und das Studienleben.

Was ist ein Psychologe?
Die Psychologe ist die Wissenschaft vom Verhalten und Erleben. Soweit, so gut. Aber was ist ein Psychologe? Was soll das sein, das wir werden, wenn wir mit dem Studium fertig sind? Ist es eine Art zu Denken? Sind es unsere Methoden und Kompetenzen? Ist es unser mehr oder weniger funidertes Grundlagenwissen über den Menschen? Es ist schwer zu sagen. Ein Psychologe ist wohl das Resultat aus dem absolvierten Studienplan. Ein Mensch der sich vielleicht Gedanken gemacht hat oder einfach nur Bulimielernen betrieben hat und meint wir brauche das alles sowieso nicht.

Was ist ein guter Psychologe?
Eine weitere wichtige Frage. Je weiter das Studium voranschritt, desto mehr werden Differenzen mit anderen Kommillitonen offensichtlicher. Viele wollen Therapeut werden. Sie hinterfragen das Studium. Sind wohl eher unzufrieden als zufrieden damit. Ob diese Studenten gute Therapeuten werden ist eine Frage, die sich noch zeigen wird, ob sie gute Psychologen sind, ist eine andere Frage. Psychologie ist eine Naturwissenschaft. Eine Naturwissenschaft, die auch geisteswissenschaftliche Anteile hat. Eine Wissenschaft über den Menschen, die wenig am Einzelfall interessiert ist. Ein guter Psychologe ist methodisch stark. Er arbeitet ethisch korrekt. Er kennt die Grenzen psychologischen Erkenntnis, resigniert aber nicht an ihen. Ein resignierter Psychologe, also jemand der glaubt er wüsste nichts und könnte nichts, der wird in der realen Welt wahrscheinlich scheitern.

Was ist für die Psychotherapie von Relevanz?
Liebe Freunde. Ja es stimmt, die Beziehung zwischen Therapeut und Klient ist das wichtigste Element einer Therapie. Aber ohne Methodik, ohne Plan und ohne Überzeugung von der Therapiemethode wird man diese therapeutische Allianz nicht herstellen. Es ist nicht scheißegal, was man mit Menschen macht. Diese Vorstellung ist mehr als ethisch fragwürdig. Menschen haben verschiedene Bedürfnisse und Weltvorstellungen. Für Therapeuten ist es wichtig methodisch gut zu sein. Es reicht nicht aus ein netter empathischer Mensch zu sein. Das unterscheidet einen Therapeuten von einem guten Freund. Ein Therapeut arbeitet mit einer fundierten Methode zielorientiert an einem Problem und schenkt nicht nur Wärme und Verständnis. Eine notwendige Bedingung - die therapeutische Allianz - ist notwendig aber eben nicht allein ausreichend.

Was halte ich von Arbeits- und Organisationspsychologie?
Ich habe es kategorisch ausgeschlossen in die A & O Richtung zu gehen. Nein, viele von uns haben es kategorisch ausgeschlossen. Und einige, wie ich tun das jetzt nicht mehr. In A & O kann man Geld verdienen - ekelhafte Vorstellung, dass das für einen Psychologen von Belang ist, aber dennoch wichtig. A & O steht vor der psychischen Störung. A & O bietet einen Haufen Möglichkeiten zu intervenieren. A & Oler sind als Humanisten so etwas wie ein Gegenpol zu den "kalten" tayloristischen Wirtschaftswissenschaftler. Wir haben Verantwortung. Wenn wir uns vor der Privatwirtschaft scheuen, wird ein Mensch unsere Stellungen einnehmen, der dafür wahrscheinlich schlechter qualifiziert ist wie wir. Und wir verlieren eine Möglichkeit der Partizipation an der realen Welt da draußen.

Welche Themen faszinieren mich am meisten?
Ich interessiere mich nach wie vor für viel grundlegendes vom Menschen, von der Psyche. Psyche ist wissenschaftlich fassbar. Man wird nie alles vorhersagen können. Aber nicht weil die Psyche so komplex und undurchschaubar ist und jeder Mensch individuell, sondern weil die Umwelt komplex und unvorhersehbar ist. Der Faktor Zufall ist immens wichtig. Aber wir dürfen deshalb nicht aufhören, die Psyche immer adäquater zu beschreiben. Wir müssen außerdem raus aus dem Baum. Wir müssen an dem Ganzen arbeiten.

Wo sehe ich meine Zukunft in der Psychologie?
Eine schwierige Frage. Ich wollte bislang immer in die Forschung. Aber Forschung ist nicht leicht. Werde ich deshalb im A & O Bereich arbeiten? Ich weiß aktuell nicht viel. Ich weiß nicht worüber ich meine Masterarbeit schreiben werde, ich weiß nicht wo ich anfangen werde, wenn das Studium in gut einem Jahr endet. Wenn man sich dem Ende des Weges nähert, dann macht man sich reale Gedanken über das danach. Meine Zukunft ist noch nicht geschrieben. Wir werden sehen, wo ich lande. 
 

Mittwoch, 14. Dezember 2016

Valenz und Arousal - Emotionen in der Werkstattmetapher

Mein Modell des Alltagshandelns beschreibt in etwa die Vorstellung, die ich über die Psyche im Verlauf meines Studiums erhalten habe. Eine Frage die offen bleibt ist der Einfluss der Emotionen. Emotionen spielen in der Realität des Menschen eine zentrale Rolle und müssen daher beinah zwangsläufig Teil eines jeden guten übergeordneten Modells sein. Wie lässt sich die Emotion nun in meinem Modell unterbringen?

Grundsätzlich gibt es unterschiedliche Emotionsmodelle. Man kann mehr oder weniger die sechs Grundemotionen Freude, Ärger, Ekel, Angst, Überraschung und Trauer unterscheiden. Ein anderer Ansatz unterscheidet Emotionen in den Dimensionen Arousal und Valenz. Valenz beschreibt, ob eine Emotion eher positiv ist bzw. zu Anäherungsverhalten("Appetenz") führt oder negativ ist und Vermeidungsverhalten ("Aversion") auslöst. Arousal beschreibt das Ausmaß an Aktivierung, das eine Emotion mitbringt: Je höher das Arousal, desto mehr spüren wir die Emotion auch körperlich, desto mehr durchströmt sie uns. Ein Beispiel für hohes Arousal gepaart mit hoher (positiver) Valenz ist beispielsweise sexuelle Erregung: Das Gefühl löst Apptenz aus und macht sich stark körperlich bemerkbar. Starker Ekel beispielsweise vor einem verschimmelten Brot ist ein Beispiel für hohes Arousal gepaart mit hoher (negativer) Valenz und den resultierenden Vermeidungsverhalten.

Wie sind Emotionen nun unterzubringen in der Werkstattmetapher? Die Grundemotionen sind eher einem Aspekt des Deutens zuzuordnen: Ich empfinde Appetenz in einem bestimmten Ausmaß gegenüber einem bestimmten Objekt und interpretiere diese Kombination als Freude. Arousal und Valenz hingegen sind eher unspezifiertes Erleben, die eher ausgelöst werden von bestimmten Objekten als gedeutet werden als bestimmtes Gefühl. Sie stehen mehr oder weniger vor der Grundemotion. Dieses unspezifizierte Erleben eines Gefühls kann innerhalb der Werkstatt des Handelns an mehreren Stellen wirken.

Infragekommen zum einen die automatische Kontrollprozesse. Ein Gefühl mit negativer Valenz und erhöhtem Arousal weist das Ich darauf hin, dass irgendetwas in der aktuellen Handlung nicht stimmt. Dieses Gefühl regt das Ich an den Fehler genauer zu analysieren, also im Sinne der Werkstattmetapher den Beobachtern zu befehlen nach dem Fehler in der Handlung zu suchen.
Läuft alles glatt, so zeigt ein positives Gefühl mit geringem oder mittleren Arousal an, dass die ausgewählte Handlung funktioniert und das Ich nicht übermäßig aufmerksam sein muss: Es kann sich auf seine Beobachter und Mitarbeiter verlassen. Die Emotionen sind in diesem Kontext Experten, besonders erfahrene Mitarbeiter, die dem tätigen Monteuer, dem Ich zur Seite stehen und kontrollieren, ob die Handlung grundsäztlich zum Handlungsziel führt.

Weiterhin kommt die Werkzeugauswahl infrage. Zwar liegen Handbücher voller Informationen zu den Werkzeugen und den möglichen Situationen vor, doch wäre das detaillierte Nachlesen trotz vieler Mitarbeiter zu aufwendig, um schnell und effizient auf Ereignisse zu reagieren und entsprechende Handlungen einzuleiten. Emotionen sind hier Vorgesetze, die durch die Werkstatt laufen und den Mitarbeitern sagen, dass sie das was sie tun gut machen oder schlecht machen, d.h. die Auswahl an Werkzeugen ist die richtige, also für die Situation passend. Es resultiert ein postives Gefühl, wenn die Mitarbeiter die richtigen Werkzeuge in der richtigen Situation parat haben, während ein negatives Gefühl resultiert, wenn dies nicht der Fall ist.

Letztlich erleichtern Emotionen somit das flüssige Funktionieren in der Werkstatt, da sie Prozesse bescheunigen, in dem sie quasi mit Daumen nach oben oder unten den Mitarbeitern zeigen, ob sie richtig liegen und damit diese weniger intensiv nachdenken müssen, d.h. effizienter werden.