Hartz 4 - ALG 2. Es wird viel in linken Kreisen über die Höhe der Sätze diskutiert, der wesentliche Makel befindet sich jedoch nicht in der Höhe der Grundsicherung, sondern im Menschenbild das dahinter steckt: Hartz 4 haftet der neoliberale Geist der 00er Jahre an. Es ist ein sanktionsorientiertes System, das den Menschen als arbeitsscheues Wesen betrachtet, der sich um jedwede Bemühung drückt und von oben kontrolliert werden muss.
Im Wesentlichen entspricht dies der Theorie X von McGregor mit den entsprechenden Folgen einer selbsterfüllenden Prophezeihung: Man geht davon aus, dass Hartz 4 von arbeitsscheuen Menschen bezogen wird, die schlicht das soziale System belasten und sich von der Mehrheit finanzierern lassen möchten. Es werden enge Grenzen gesetzt, die belegen, dass diese Theorie stimmt, z.B. das Ablehnen von Jobangeboten. Danach wird sanktioniert, um die Person dazu zu zwingen Jobs anzunehmen, die nicht zu ihnen passen und von denen sie nicht leben können. Dies erzeugt ein Misstrauen und eine Abneigung gegen den Staat und führt zu einer Weigerung den Anforderungen nachzukommen.
Bei Hartz 4 geht es in diesem Sinne darum diejenigen Personen möglichst gering zu halten, die das System missbrauchen, d.h. das Ziel ist Reduzierung von Sozialmissbrauch. Durch die Einschränkung der Möglichkeiten des Menschen wird eine Rückkehr in eine eigenständige Lebensführung erschwert, da schlicht zur Flucht aus der Sanktion Arbeit angenommen werden muss, die in einer kurzen oder mittleren Frist wieder abgelegt wird, da sie unter Bedinungen von schlechter Bezahlung und Fremdzwang zu wenig Bindung an die Arbeitsstelle und Arbeitsmotivation führt.
Eine Alternative stellt eine belohnungsorientiertes System dar: In diesem System erhält man eine Grundsicherung, die nicht gekürzt werden kann. Hierbei schwebt mir in etwa der aktuelle Hartz 4 Regelsatz vor. Bemüht sich eine Person um Arbeit, eine Ausbildung oder Weiterbildung so wird sie in einem solchen System mit einer Erhöhung des Satzes belohnt, z.B. 100 Euro. (Wer einmal mit ein paar Hundert Euro pro Monat über eine längere Zeit auskommen musste, der wird den Wert von 100 Euro pro Monat sicherlich kennen.) Zusätzlich bieten sich weitere "Erleichterungen" an, die erteilt werden könnten. Der Vorteil in diesem System ist, dass man Menschen nicht mehr zwingt, sondern Angebote macht. Wer seiner gesellschaftlichen Pflicht nachkommt wird belohnt, wer nicht dem wird keine Beachtung geschenkt.
In einem solchen System wird vom Staat der arbeitswillige ALG2-Empfänger in seinen Bemühungen unterstützt und gewertschätzt. Das Ziel ist nicht länger die Reduzierung von Sozialmissbrauch, sondern die Förderung von Arbeitstätigkeit, die wohl das eigentliche Ziel des Arbeitsamtes darstellt. Menschen, die ehrlich der Ansicht sind, dass sie von ca. 420 Euro leben wollen, können dies auch tun. Sie erhalten aber auch nicht mehr vom Staat. In diesem Sinne liegt die Entscheidungsgewalt wieder beim Empfänger der Sozialleistung, nicht beim Staat.
Ich persönlich würde eine solche Grundsicherung auch auf andere Bereiche ausweiten, z.B. als Ersatz für das Bafög. In diesem Sinne wäre das neue Bafög der Grundsicherungsbeitrag + Studienzulage (natürlich darf das in der Summe nicht weniger sein als der heutige bereits geringe Bafög-Satz). Jemand der nicht arbeitet erhält also eine Grundsicherung. Jemand der aus einem guten Grund nicht arbeitet, z.B. zur Aus- und Weiterbildung oder zur Pflege der Eltern, etc., der erhält mehr. Hierbei werden die Facetten der Realität mehr anerkannt. Gutes Verhalten verstärkt.
Abschließend sei bemerkt: Ich habe durchaus bewusst den aktuellen Hartz 4 Satz als Grundsicherung gewählt. Dieser gewährleistet gerade in Kombination mit dem Bezahlen einer Wohnung das ÜBERLEBEN einer Person. Ich gehe persönlich davon aus, dass sich die Mehrheit der ALG2-Empfänger sowieso bemüht und damit Zulagen in diesem System erhalten würde. Und das wäre auch richtig so. Die, die tatsächlich nicht arbeiten oder anderes leisten WOLLEN, werden schlicht nicht belohnt, sondern müssen mit dem wenigen, was sie bekommen auskommen.
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