Dienstag, 28. April 2015

Skizzerung meines psychologischen Menschenbildes

Das Ende des Bachelors naht und es wird Zeit für einige Reflexion. Durch die Erkenntnisse des Studiums kam es zu zahlreichen Veränderungen meines Menschenbildes, sodass es interessant erscheint einmal den aktuellen "Status Quo" zu skizzieren.

Modell des Alltagsmenschen.

Die obige hässliche Grafik skizziert mein Menschenbild im Alltag. Es besteht dabei aus verschiedenen Komponenten, die Zusammenwirken.

Im Zentrum, im Kopf, steht das Arbeitsgedächtnismodell von Cowan. Es besteht einfach gesagt aus dem Langzeitgedächnits (LZG). Ein Teil des LZG ist aktiviert, "zugriffsbereit". Diesen aktivierten Teil des LZG stellt der äußere Kreis innerhalb des Kopfs dar. Ein noch kleinerer Teil des LZG steht im Aufmerksamkeitsfokus. Dies ist der Teil, der uns gerade bewusst ist, z.B. Gedanken ein Bild auf das was wir uns konzentrieren. Dargestellt wird der Aufmerksamkeitsfokus als der innere Kreis.

Ein weiterer zentraler Punkt sind Wahrnehmungsprozesse. Die Augen stehen hierbei stellvertretend für jegliche Wahrnehmung, ob visuell, taktil, auditiv, innerkörperlich oder außerkörperlich. Wahrnehmungsprozesse stehen in Verbindung mit dem Aufmerksamkeitsfokus. Etwas, dass wir z.B. gerade mit dem Auge fixisieren steht im Aufmerksamkeitsfokus.

Ein dritter wichtiger Punkt sind Heuristiken. Der Mensch orientiert und entscheidet sich nicht nach dem besten Algorithmus. Dies wäre viel zu zeit- und energieaufwendig. Stattdessen nutzt man "Daumenregeln", um sich in der Welt zurechtzufinden.

Wie interagieren diese nun? Zunächst ist es wichtig sich Gedanken über das LZG zu machen. Im LZG sind verschiedenste Informationen abgespeichert. Diese können u.a. Faktenwissen darstellen, Wissen über Erlebnisse "episodisches Wissen" oder Wissen über Bewegungen. Am besten merkbar sind Prozesse, Gesetzmäßigkeiten, Abläufe, Regelen. Ein Beispiel wäre, dass man sich gut merken kann, wie eine Hebelwirkung funktioniert, die dahinterstehende mathematische Formel hingegen verblasst recht schnell. Heuristiken, Daumenregeln sind bestimmte einfache "Gesetzesmäßigkeiten", die unter der Voraussetzung von bestimmten Fakten funktionieren. Meine Annahme ist daher, dass das LZG v.a. aus Heuristiken und den Fakten bestehen, von denen die Gültigkeit der Heuristik abhängt.

Währenddessen wir uns durch die Welt bewegen, nehmen wir zahlreiche Informationen wahr. Mithilfe dieser Informationen kann das Gehirn Prognosen erstellen und uns auf mögliche Situationen vorbereiten. Der Begriff des Primings beschreibt in etwa diesen Prozess. Hierbei werden im Gedächtnis bestimmte Informationen "vorgeheizt", quasi aktiviert. Wenn wir beispielsweise einen Artikel über vegane Ernäherung lesen, so ist unser Wissen über Ernäherung "griffbereiter" als das Wissen über der Reperatur eines Automotors. Mithilfe von Priming erfolgt nun die Auswahl jener Bereiche im Gehirn, die für die aktuelle Situation von belang sein könnten("aktivierte Teile des LZG). Dieser Prozess ist uns vollkommen unbewusst.

Der aktivierte Teil des Gehirns hat wiederum Auswirkungen auf unsere Wahrnehmung. So wird gesteuert, auf welche Reize der Umwelt besonders geachtet wird (Monitoring). Sind wir beispielsweise hungrig, so sind bestimmte Hirnregionen aktiviert. Dadurch nehmen wir Gerüche von Essen intensiver wahr.

Durch diese Wechselwirkung von Wahrnehmung und den aktivierten Teilen unserers LZG sind wir jederzeit auf wahrscheinliche Szenarien vorbereitet und orientieren uns bezüglich unserer Bedürfnisse, ohne dass wir aktiv darüber nachdenken müssen.

Natürlich besteht auch eine Wechselwirkung zwischen dem Aufmerksamkeitsfokus und der Wahrnehmung. Wenn wir beispielsweise die Nummer eines Freundes im Telefonbuch suchen, so richten wir unse Wahrnehmung aktiv darauf aus, diese zu finden. Es findet ein "Top-Down"-Prozess statt - vom Kopf nach außen.
Fällt jedoch ein Kind neben uns auf die Straße, so wird sofort unsere Aufmerksamkeit auf dieses Kind gerichtet. Es kommt zu einem "Bottom-Up"-Prozess - von außen in den Kopf.

Wie bereits erwähnt bereitet sich unser Gehirn jederzeit auf wahrscheinliche Veränderungen der Situation vor. So haben wir ein vorgeheiztes Repertoire an Verhaltensweisen, möglichen Handlunge, auf die wir ohne groß nachzudenken, also unmittelbar zurückgreifen können. Weiterhin können wir natürlich auch aktiv Handeln und uns für bestimmte Verhaltensweisen entscheiden. Dies ermöglicht der bewusste "Aufmerksamkeitsfokus".
Das Ergebnis der Handlung, oder auch die ganze Handlung wird dabei wahrgenommen und beeinflusst unseren Aufmerksamkeitsfokus.

Welche Rolle spielen nun die Heuristiken? Im Alltag handeln wir heuristisch. Wir denken nicht lange nach, was wir tun, wie wir uns bewegen, etc.. Das LZG als Menge von Heuristiken stellt nun Heuristiken für die jeweilige Situation zu Verfügung. In jedem Moment haben wir also die Heuristik zur Hand, die im aktuellen Moment, nach unserer bisherigen Erfahrung am brauchbarsten ist. So wird effektives Handeln und Orientierung möglich. Müssten wir tatsächlich immer erst aus unserem riesigen Wissenrepertoire die richtige Kombination von Wissenselementen finden, so wären wir im Alltag stark eingeschränkt. Ein Mensch, der erst nachdenken muss wie er handelt, wenn ihn ein Tiger angreift, ist ein toter Mensch.

Zusammenfassend lässt sich sagen: In jedem Moment, in dem wir uns durch die Welt bewegen findet jede Menge Aktivität im Hirn statt. Wir nehmen Informationen auf und verarbeiten sie. Damit dies schneller gelingt, ist immer eine gewisse Teilmenge des Gehirns vorgeheizt, um schnelleren Zugriff zu gewähren. Mithilfe von aktivierten Heuristiken können wir uns nun im Alltag zurechtfinden und funktionieren effektiv.

Abschließend sei bemerkt, dass Heuristiken natürlich zahlreiche Formen annehmen können. Eine negative kognitive Grundannahme wäre zum Beispiel auch eine Heuristik. Wenn wir beispielsweise der Ansicht sind, dass uns alle Menschen hassen, so führt diese Heuristik dazu, dass wir vermehrt Informationen aufnehmen, die darauf hinweisen, dass eine Person ein Problem mit uns hat.

Dieses "Modell" ist auch gut verträglich mit biologischen Korrelaten. Beispielsweise lässt sich schon kurz vor unserer Handlung Hirnaktivität beobachten. Diese kann man als Ergebnis des Primings betrachten. Heuristiken lassen sich auch als Netz von Neuronen begreifen. Die Synapsen wachsen und das Neuronennetz wird häufiger zum Einsatz kommen (Siehe Aritkel Spuren im Schnee).

Sonntag, 26. April 2015

Das ungenutzte Potential der studentischen Macht

Studenten zetteln Revolutionen an. Zumindest lernt man das so.
Warum tun wir das dann eigentlich nicht mehr?

Gründe gäbe es genug:

Grund 1: Bafög.
Das Bafög ist ein Witz. Knapp 600 Euro sollen laut der Regierung ausreichen, um als Student zu leben. 600 Euro. In welcher Studentenstadt kommt man schon gut mit 600 Euro zurecht? Theoretisch ist das Bafög ja dazu gedacht auch Lehrmittel, wie Bücher zu kaufen. Bei Mietpreisen von 350 Euro oder mehr kann man da nur lachen. Es sind sage und schreibe 225 Euro für die Miete vorgesehen.
In welcher Stadt kann man bitte für 225 Euro leben ohne in einer 10 m² Baracke zu leben?
Und v.a. in welcher Stadt kann man das großflächig?

Und da sind wir auch schon bein nächsten Grund.

Grund 2: Mietpreise.
Es ist abartig was man für eine Wohnung zahlen muss. Ich selbst mag in Innsbruck wohnen, das allgemein ein teures Pflaster ist, aber dieses Problem gibt es ja auch über all anders. Es kann doch nicht sein, dass 2/3 des Geldes, das man zur Verfügung hat schon weg sind, wenn man gerade einmal seine Warmmiete, Internet und GIS(GEZ)-Gebühren gezahlt hat. Es soll einmal eine Zeit gegeben haben, in der Staaten sozialen Wohnungsbau betrieben haben. Warum tut man das denn heute nicht mehr großflächig? Warum verkauft man Wohnungen Privatleute? Staatliche/städtische Wohnungen müssen doch eine wunderbare Einnahmequelle sein.

Grund 3: Masterzugang.
Ein Bachelor ist ein Witz. Ich bin nun kurz dem Ende des Bachelor in Psychologie und habe einen Scheiß für die Anwendung gelernt. Logischerweise. Schließlich muss man erst einmal Grundlagen haben, bevor man sie anwenden kann. Doch ich brauche den Master, um arbeiten zu können. Da gibts keine Ausrede. Es kann nicht sein, dass man auch bei Masterbewerbungen Schnitte von 1,5 braucht. Und man selbst ist dann wieder der Gearschte, der seinen Abschluss jahrelang hinausziehen muss. Die Gesellschaft dankt es einem mit dem schönen Wort "Schmarotzer".

Es gibt natürlich noch viele weitere Gründe auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren, zu protestieren, Steine auf den Bundestag zu werfen. Doch warum tun wir es nicht? Sind wir zu "zivilisiert"? Haben wir Angst? Wir sind immerhin 2,6 Mio. Menschen. Knapp 3 % der Gesellschaft. Mit Unterstützung von Schülern und Azubis können wir locker in den Bundstag einziehen.

Warum tun wir es nicht? Warum ziehen wir nicht auf die Straße und schreien den Frust hinaus? Warum nutzen wir nicht die Macht die wir haben? Wir sind viele. Wir sind die Zukunft. Sind wir zu faul oder zu unmotiviert? Woran liegt es, dass wir so unmotiviert sind?

Samstag, 25. April 2015

Es fehlt Europa

Politisch interessiert zu sein, bedeutet sich mit seiner Welt auseinanderzusetzen.

Europa ist Realität. Mag es auch viele gerade ältere Mitbürger geben, die in der Vergangenheit leben, so ist es unbestreitbar. Was schert noch was in Berlin passiert oder in Athen? Wir leben in einem riesigen gemeinsamen Land. Dieses Land mag seine kulturellen Unterschiede haben, doch uns verbindet vieles: die Vergangenheit - die Geschichte, die Gegenwart - die Wirtschaft, die Zukunft - der Klimawandel, um nur drei Beispiele zu nennen.

Es gibt kaum lokale Krisen mehr. Alle wichtigen Krisen sind globale, internationale Krisen: Klimawandel, demografischer Wandel, Ressourenmangel, Wirtschaftskrisen, etc.. Lokal zu denken ist oft Fehl am Platz und dennoch so verbreitet. Es fehlt an europäischen Meinungsmachern.

Die bewusste und zielgerichtete Manipulation der Verhaltensweisen und Einstellungen der Massen ist wesentlicher Bestandteil demokratischer Gesellschaften. Der erste Satz aus der deutschsprachigen Version von Edward Bernays Buch "Propaganda" spricht wahre Worte. Heute gibt es kaum noch große Autoriäten, die die Meinung bilden. Es gibt Organisationen, Zeitungen, politsche Parteien, Lobbys, und viele weiteren, die zur Meinungsbildung da sind. Und es ist nötig. Ohne breitflächige Meinungen und Einstellungen gibt es keine Richtung, keinen Weg.

Und hier sind wir bei einem grundsätzlichen Problem Europas. Es gibt kaum solche europäischen Meinungsmacher. Und die die es gibt kennt kaum wer. Wir sind so beschäftigt mit unseren nationalen Gedanken, dass wir das europäische nicht sehen. Wir sind so damit beschäftigt lokale Interessen zu vertreten, dass wir die Macht die wir haben könnten nicht sehen.

Europa ist eine wahnsinnige Möglichkeit der Gestaltung. Die Macht über die Wirtschaft ist uns abhandengekommen als die Globalisierung immer größer wurde. Ein Gesetz, das in Berlin beschlossen wird, in London aber keine Gültigkeit trägt, wirkt nur begrenzt. Es wirkt nur in einem begrenzten Raum, der dank freien Grenzen und gemeinsamer Währung locker umgangen werden kann. Was wir brauchen sind globale Kontrollmöglichkeiten.

Es wirkt schon etwas verdreht, dass wir global leben, aber lokal regieren. Wir jungen Menschen sollten es als unsere Aufgabe sehen das zu verändern, ehe es zu spät ist. Wir brauchen nicht "Mehr Europa", wir brauchen Anerkennung von Realität. Wir müssen uns der Realität stellen, politisch sein.

Oft wird mir gesagt, wir sind noch weit weg von den Vereinigten Staaten Europas, doch das sind wir nicht. Es existiert bereits eine Generation Europäer und wir werden immer älter und einflussreicher. Die alte Generation wird und muss vertrieben werden. Wir müssen das tun, was für uns angebracht ist und das ist Europa.

Wir brauchen europäische Zeitungen, die unsere europäischen Blick bilden und schärfen.
Wir brauchen eine europäische Regierung, die die Nationalität in die Schranken weist.
Wir brauchen eine europäische Öffentlichkeit, die sich endlich um die globalen Krisen kümmert.

Probleme muss man an den Ebenen angehen, in denen sie sich befinden. Und diese Ebene ist global.